Versuchsanordnung 02: V2 (Zungenbewegung)

Vorbemerkung

Die Inspiration für diese Versuchsanordnung kam aus einer Feldenkrais-Lektion, die unter dem Namen „Bell-Movement“ bekannt ist. Die ausführlichste Dokumentation über diese Idee findet sich in der Transkription der letzten Ausbildung von Moshé Feldenkrais, die in der gesamten ersten Woche des zweiten Ausbildungsjahres das zentrale Thema ist.[1]

Die „Bell-Movement“-Lektion beruht auf folgender Idee: Die Handbewegungen sind besonders differenziert und kontrolliert. Im motorischen Kortex hat die Hand eine große Repräsentation. In dieser Lektion ist die Bewegungsqualität der Handbewegungen eine Art „Lehrmeister“ für die Bewegungsqualität des ganzen Körpers. Aufgrund der starken Repräsentation der Hand im motorischen Kortex reicht es, wenn die Aufmerksamkeit auf die Handbewegung gerichtet wird. Die Qualität der Bewegungen des ganzen Körpers wird durch die Handbewegung beeinflusst und kann sich dadurch schnell verändern. Dies löst häufig ein fließendes und freies Gefühl im ganzen Körper aus.[2]

In der Feldenkrais-Lektion öffnet und schließt man die Finger der dominanten Hand so, dass sich Fingerkuppen und Daumen berühren und dann wieder öffnen. Diese Bewegung soll sehr leicht, weich und fließend erfolgen. Während sie in einem gleichmäßigen Rhythmus weiter pulsiert und der Fokus unvermindert auf der Qualität dieser Bewegung bleibt, werden andere große Bewegungen ausgeführt, z. B. vom Liegen ins Sitzen oder Stehen gelangen. Die Qualität der Handbewegung wird sich sofort verändern, wenn in der großen Bewegung eine Unregelmäßigkeit auftritt.

 

 

 

 

Zum eigenen Ausprobieren finden Sie eine Anleitung hier:

Wenn auch beim Instrumentalspiel diese Idee nicht direkt angewendet werden kann, da die Hände zum Spielen benötigt werden, kann das gleiche Prinzip mit anderen Körperteilen umgesetzt werden. Außer für Bläser sind für alle Instrumentalisten diesbezüglich beispielsweise Bewegungen mit der Zunge eine Option. Genau wie bei der Qualität der Handbewegungen gleichen die Spannungen der Muskulatur in diesem Bereich der Spannung im ganzen Körper[3] und umgekehrt. Dies basiert auf folgendem Sachverhalt:

„Aufgrund der so genannten somatotopischen Gliederung des Endhirns ist die Mund-Kiefer-Region sehr ausgedehnt in den verschiedenen überwiegend motorisch oder sensorisch aktiven Regionen des Cortex repräsentiert.“[4]

 

Experimentieranweisung

Probieren Sie verschiedene langsame Bewegungen mit der Zunge aus. Beispiele: Die Zunge außen oder innen im Mund im Kreis herum gleiten lassen; die Zunge heraus strecken und wieder einziehen; die Zunge mit der Spitze am weichen Gaumen nach hinten einrollen. Sie können auch andere Bewegungen erfinden. Wichtig ist, dass es Ihnen leicht fällt, die Bewegung für eine Weile gleichmäßig weiterzuführen. Bläser können eine Greifbewegung mit dem Fuß ausführen.[5]

Ähnlich wie bei Versuchsanordnung 1 erfolgt die Umsetzung am Instrument durch die Aufgabe, die Aufmerksamkeit auf die gleichmäßigen Zungen- bzw. Fußbewegungen zu richten und dabei zu improvisieren.[6] Die Fragestellungen entsprachen Versuchsanordnung 1.

 

 

[1]      Vgl. Feldenkrais, Mosché. 2001. Feldenkrais(r) Professional Training Program. Amherst Massachusetts. Week 1,  Year 2 8-11 June 1981.  Paris: International Feldenkrais Federation.

[2]          Vgl. Klinkenberg, Norbert. 2000. Feldenkraispädagogik und Körperverhaltenstherapie. Stuttgart: Pfeifer bei Klett-Cotta, S. 109 f.

[3]          Vgl. Ebd.

[4]          Ebd. S. 138.

[5]           Feldenkrais kombiniert ebenfalls die Handbewegung mit einer Beugebewegung der Zehen.

[6]           Ausführliche Beschreibung der Übung in: Eikmeier, Corinna. 2010. Ungewohnte Positionen – Ein praktischer Beitrag zur Anwendung der Feldenkrais-Methode auf musikalische Improvisation. Fernwald: Musikautorenverlag Burkard Muth, S. 54 f.