Forschungsgespräch 01

Inhalt

Einleitung

1. Tausend Autobahnen und deren Alternativen

2. Feldenkrais als Reparatur

3. Anwendungsversuche

4. Improvisation als zusätzlicher Stressfaktor

5. Erziehung nach Noten

6. Aufmerksamkeit und Veränderungsmöglichkeiten

7. Kontrolle und „Käfer

8. Spielerischer Lernprozess

Einleitung

Datum: 28.11.2010

Persönlicher Kontakt zur Gesprächspartnerin

Ich kenne GP 1 seit 2005 aus einer Arbeitsgruppe der Fachgruppe Musik des FVD Feldenkrais-Verbandes e.V. Die Arbeitsgruppe hatte als Projektziel die Erstellung der Broschüre „Was die Feldenkrais-Methode MusikerInnen bieten kann“. In der Arbeitsgruppe diskutierten wir über zwei Jahre intensiv die Zusammenhänge zwischen dem Lernen in der Feldenkrais-Methode und den verschiedenen Fragen der Musizierpraxis. GP 1 war in einigen Workshops, die ich zum Thema „Übertragung der Feldenkrais-Prinzipien auf das Instrumentalspiel“ geleitet hatte, als Teilnehmerin. Sie hat für mich 2009 zwei Workshops organisiert, in denen ich mit ihren Schülern gearbeitet habe, um Material zu erproben. Dadurch hatten wir als Ausgangsbasis gemeinsame Erfahrungen mit meinem Übungsmaterial.

Theoretical sampling

GP 1 ist Kontrabassistin und hat 10 Jahre als Orchestermusikerin gearbeitet. Sie ist seit 2001 Feldenkrais-Practitioner und arbeitet als Musikpädagogin in den Fächern Kontrabass, Klavier und Rhythmik. Ich hatte aus den Diskussionen im Rahmen des oben genannten Broschüren-Projektes den Eindruck gewonnen, dass sie große Diskrepanzen zwischen ihrer Tätigkeit als Orchestermusikerin und der Feldenkrais-Arbeit empfand, was letztendlich auch dazu geführt hat, dass sie nicht mehr als Orchestermusikerin tätig ist. Dies erinnerte mich an meine eigenen Fragen zur Integration von Erfahrungen aus der Feldenkrais-Methode in das Instrumentalspiel. Deshalb wollte ich wissen, wie sie das erlebt und für sich gelöst hat. Einige Monate vor dem Gespräch führte ich zwei Workshops mit ihren Schülern in München und Bergen durch. In diesen Workshops kamen einige Übungen zur Anwendung, die später zu den in den qualitativen Experimenten verwendeten Versuchsanordnungen wurden. GP 1 hatte zum Zeitpunkt des Gespräches einige der Übungen selber ausprobiert und  mir per E-Mail und Telefon ihre Erlebnisse mit dem Material angedeutet. Darüber wollte ich genaueres wissen, da diese Themen mein zu der Zeit noch am Beginn stehendes Dissertationsprojekt direkt berührten. So entschied ich mich das erste Gespräch mit ihr durchzuführen.

Allgemeines zum Gespräch

Anhand  der Versuchsanordnung V1 (Käfer/Boot) und der Atmung näherten wir uns den Aspekten von Gewohnheiten, Tonvorstellung, Hörgewohnheiten und Erfahrungen in der pädagogischen Anwendbarkeit. Signifikant war für mich der Aspekt, dass GP 1 für die Umsetzung einer Klangvorstellung, die ihr auch im Ergebnis gefällt, ihren Körper teilweise kontrollierend festhält. Es erscheint sehr kompliziert an dem Muster zu arbeiten, weil das Aufgeben dieser körperlichen Kontrolle einen Verlust der Kontrolle über das gewünschte musikalische Ergebnis bedeuten würde. Sie beschreibt, dass sie in ihrer gewohnten Musizierpraxis an der Musik arbeitet und nicht an sich selbst, wodurch sich anscheinend diese Kluft auftut. Gegen Ende des Gespräches kommen wir auf die sehr interessante Frage, wie man ein spielerisches, improvisatorisches Lernen professionell anbieten kann, auch wenn die Schüler durch ihre schulischen Erfahrungen und die Erwartungen der Eltern schnell zu einem Ergebnis kommen wollen. Die Antwort auf die Frage bleibt offen.

Auszüge aus dem Gespräch

1. Tausend Autobahnen und deren Alternativen

C. E.:

Wie war es für dich die Erfahrungen aus der Feldenkrais-Ausbildung auf das Kontrabaßspielen umzusetzen?

GP 1:

Ja, das war für mich ein bisschen enttäuschend, weil ich erst gedacht hab: ich setz mich genauso an den Kontrabass wie vorher. Und ich hatte genau dieselben Probleme wie vorher, wenn ich eine Stunde gespielt habe. Nur sind die Probleme schneller wieder weggegangen. Dann habe ich mich auf den Boden gelegt und nach der Feldenkrais-Stunde war das wieder in Ordnung.  Aber wenn ich mich dann wieder zu lange ans Klavier gesetzt habe, oder zu lange an den Kontrabass, dann kam das wieder. Also ich hab dann aufgehört überhaupt zu spielen. Ich dachte, ich muss da einen Bruch machen mit den Instrumenten. Aber irgendwie hat mir dann eine Feldenkrais-Lehrerin, ganz konkret gesagt, dass ich mein Becken nicht bewege beim Spielen. Und da habe ich dann angefangen so ein bisschen herum zu probieren. (…) Da ist es mir eigentlich erst gelungen etwas richtig zu verändern. Aber da muss man auch die Spielweise erst mal verändern, dass man nicht so fest drückt, das man das überhaupt zulässt. Das man nicht genau so agiert wie vorher. Der Ton, den ich da herausgebracht habe, der hat mich kaputt gemacht. Und wie macht man das, dass einem auch ein milderer Ton gefällt, und dass man so übt mit dem Instrument, dass der Ton wie von selbst kommt? Und das ist finde ich, ne eigene Arbeit noch mal. Das passiert nicht automatisch. Also, das ist für mich klar. Nach der Feldenkrais-Ausbildung setzte ich mich ans Instrument hin und es ist nicht anders. Also, ich spiele ganz genauso wie vorher. Da sind die Muster, die sind wie tausend Autobahnen, die sind eingeprägt, die verlasse ich nicht so einfach, wenn ich nicht mit dem Muster arbeite.

2. Feldenkrais als Reparatur

C. E.:

War Feldenkrais eher so  eine Art Erholung und Entspannung?

GP 1:

Genau, das war so, dass ich einfach ein Mittel hatte, um z.B. überlastete Schultern, oder was mir auch immer weh getan hat, oder wenn ich so verbissen wurde, dass das alles klappt, dass ich da eine Handhabe hatte, dass ich wusste: Aha, ich mache jetzt einfach eine Feldenkrais-Stunde , dann komm ich da wieder runter von. Von dieser Überforderung, oder wie man das nennt.

3. Anwendungsversuche

C. E.:

Jetzt hast du gesagt, dass du begonnen hast die Feldenkrais-Methode konkret anzuwenden. Wie geht das genau?

GP 1:

Vor deiner Frage muss ich noch sagen: Ich hatte dann gedacht, um das bei meinen Schülern anzuwenden, sollte ich ihnen Feldenkrais-Stunden geben. Damit sie auch ein bisschen Leichtigkeit umsetzen. Das habe ich dann auch gemacht. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen das am Instrument zu machen.

C. E.:

Und wie hast du es dann für dich selber am Instrument umsetzen können?

GP 1:

Also konkret ging das so, dass ich beim Kontrabaßspielen z.B. lange Bögen gemacht hab, und bei den Bogenstrichen – bei den Langen- konnte ich das einfach nachvollziehen, wo ich festhalte, oder wo ich was bewegen kann, damit das leichter geht. Da habe ich dann einfach so angefangen. Aber während des Spielens, wenn ich also zum millionsten Mal, den vierten Satz der Mozart g-Moll-Sinfonie gespielt habe, dann bin ich wieder in das alte Muster reingekommen. Der ist so schwer der vierte Satz, weil er so schnell ist. Also, da habe ich lange keinen Weg gefunden, wie ich mit der Schnelligkeit nicht in die alten Muster verfalle.

4. Improvisation als zusätzlicher Stressfaktor

C. E.:

War es leichter, wenn die auskomponierten Stücke nicht so virtuos waren?

GP 1:

Ja klar, wenn du langsame Stücke spielst ist es leichter.  Und ich hab ja so durch die Rhythmik Ausbildung die Erfahrung gemacht, dass man die Kinder oder Erwachsene, wenn man mit denen Rhythmik macht, die Schritte begleitet. Dadurch ist ein ganz anderer Kontakt zum Umfeld und das war leichter.

C. E.:

Aber das machst du ja auch improvisatorisch.

GP 1:

Ja, das macht man improvisatorisch. Improvisation hat mich früher rasend gemacht. Genauso in Anspannung versetzt, wie wenn ich ein Stück so runter spielen muss. Aber, wenn ich im Kontakt mit Anderen was mache, dann ist es leichter gegangen.

C. E.:

Das, finde ich noch mal interessant, mit dem Kontakt zu Anderen. Hast du vorher eher Soloimprovisationen probiert? Was hat dich da rasend gemacht?

GP 1:

Na ja, wenn ich es allein gemacht habe, war ich natürlich nicht unter Druck. Aber, wenn ich es irgendwo so vorzaubern musste, da ging das nicht. Das war bei mir einfach nicht möglich.

C. E.:

So auf der Bühne alleine?

GP 1:

Ja genau, oder wenn jemand gesagt hat, spiel doch mal was. Dann ging das nicht. Dazu bin ich zu genau, in einer unglaublichen Genauigkeit erzogen worden. Am Instrument. Das hat mich so geprägt, dass freies Spiel gar nicht möglich war.

5. Erziehung nach Noten

C. E.:

Wie hast du als Kind deine Instrumente gelernt? Hast du sehr früh angefangen?

GP 1:

Ich hab mit neun angefangen. Ich wollt unbedingt. Und meine Lehrerin, die hat mir Noten gegeben. Die hab ich dann gleich umgesetzt. Ich war ganz närrisch auf das Notenspiel. Die hat mir nichts beigebracht, dass ich mal alleine von mir aus spiele. Das war damals nicht so.

C. E.:

Das ist auch heute noch nicht immer so.

6. Aufmerksamkeit und Veränderungsmöglichkeiten

GP 1:

Ich hätte das gerne, aber ich habe keine Methode gefunden. Ich habe immer gedacht, das können Leute, oder sie können es nicht.

C. E.:

Du hast es ja schon beschrieben, dass es wahnsinnig schwer ist in klassischen Stücken, vor allem bei virtuosen Stücken, das umzusetzen, weil man dann immer mehr diese eingeübten Muster hat. Und die kann man schlecht verändern. Und wenn man jetzt diese Feldenkrais-Elemente benutzt: Den langen Strich Beobachtung, wo geht mein Becken hin usw. Das hast du ja unabhängig von Stücken gemacht.

GP 1:

Innerhalb der Stücke habe ich das nicht so parat, weil ich mich so sehr auf die Musik konzentriere. Oder ich bin da so dabei, dass ich da nicht besonders mehr spüre. Da bin ich so da drinnen, dass ich mich den ganzen Bewegungsablauf und auch um meine Psyche nicht kümmere. Ich höre dann einfach.

C. E.:

Und das Hören ist natürlich mit den Bewegungen verbunden. Das merkt man dann ganz deutlich. Man macht, dann das was man halt kennt.

GP 1:

Genau. Und je schneller das ist, umso mehr werde ich fest. Das einzige, was ich dann benutze ist die Atmung. Das ich z.B. einatme und während des Ausatmens beginne. Das ist so die eine Möglichkeit, die ich gefunden habe. Das ich bei schweren Stellen vorher einatme und dann beim Spielen ausatme, um nicht diesen Brustkorb so angespannt zu haben. Das ist das, wo ich jetzt ein bisschen experimentiere.  Das untersuche ich auch schon seit längerer Zeit, ob das sich langsam wandeln kann.

7. Kontrolle und „Käfer“

C. E.:

Ja, und dann hast du erzählt, dass du schon viel mit dem „Käfer“ gemacht hast. Was waren denn da deine Erfahrungen?

GP 1:

Das war gar nicht so einfach mit den Kindern oder mit den Erwachsenen. Ich merke, dass ich nur mit dem „Käfer“ arbeiten kann, wenn ich einen Strich mache, also eine leere Saite, oder ich kann etwas sowieso aus dem ff. Entweder ich improvisiere etwas, oder ich habe ein Stück so parat, dass ich da gar nicht mehr nachdenken muss. Bei den Kindern habe ich mich auch so drauf versteift, dass die nicht irgendetwas spielen, sondern, dass die erst was können müssen. Ich bin drauf gekommen, dass sie, wenn sie irgendetwas spielen und dem Käfer nachschauen, dann finden sie das zu beliebig. Da sind sie noch nicht interessiert genug. Also lass ich sie erst mal etwas ganz gut können. Übt man ein paar Monate eine Tonleiter ganz genau oder ein Stück und dann beginne ich mit dem „Käfer“. Dann stelle ich fragen – bewegen sich da deine Augen mit? – und das mache ich jede Stunde so ein bisschen. … manchmal ist es langweilig, aber es geht immer weiter und ich werde immer genauer mit meinen Augen. Ich merke immer besser, was sich alles mit bewegt. Aber ich bin natürlich auch sehr lange geschult mit der Differenzierung. Bei den Kindern kann ich immer nur eine Sache ansprechen. Der „Käfer“, das ist schon mal so schwer. Welcher „Käfer“ überhaupt. Ich sage den Kindern, dass wir jetzt mit den Augen arbeiten und dass wir immer mehr bemerken, was sich sonst noch mit bewegt. Sie brauchen eine Sicherheit, warum ich das mit ihnen mache. Weil, wenn jetzt der „Käfer“ da läuft, denken sie „ich spinn“. Und ich habe ihnen gesagt, dass man da lernen kann, dass man die Musik auch anders hört. Was hört man anders, wenn man das macht?

C. E.:

Ist das bei dir selber so?

GP 1:

Ja.

C. E.:

Was ist anders?

GP 1:

Also bei mir ist es so, dass es nicht selbstverständlich ist, dass dann das Metrum eingehalten wird. Das geht durcheinander. Es geht dann um eine Koordinationsaufgabe, dass ich es schaffe, viele Dinge gleichzeitig zu denken.

C. E.:

Das finde ich insofern interessant, wenn man jetzt ohne „Käfer“ ein Stück spielt, was man eingeübt hat. Wenn man was dazu denkt, was verändert sich da?  Es wird komplexer. Ist es vielleicht, dass das, was vorher so ein wenig eingefahren war,  wird das aufgebrochen?

GP 1:

Da gehe ich zu sehr nach der Musik. Das Gefühl habe ich bei mir jetzt nicht. Aber das stimmt schon. Ich kann es mal ganz schön machen und dann auch mal nicht so schön.

C. E.:

Wenn ich Klassik spiele, habe ich das Gefühl, dass es so eine Straße ist, die gehe ich lang. Eine Möglichkeit Phrasen zu gestalten. Sicher hat man Nuancen da drin. Mal mehr so und mal mehr so. Aber es ist ja schon vorgegeben. Die Straße gehe ich lang. Wenn ich etwas verändere – sei es der „Käfer“, oder ich setze mich in eine andere Position – ich denke mir irgendetwas aus, was dazu kommt. Was das Spielgefühl verändert, dann habe ich auch das Gefühl, dass sich die Straße verändert. Ich gehe die zwar noch lang. Das ist ja die Musik. Das ist der Mozart, oder was auch immer, aber ich fange an anders zu hören. Man hat ja die Musik im Kopf. Man hat ja eine Vorstellung. An der hangelt man sich ja dran entlang. Durch eine Aufgabe, wie den „Käfer“, ist man in gewisser Weise abgelenkt. U.U. verändert sich dann die Musik selber. Ich kann dann nicht mehr so fixiert sein darauf, wie ich es geübt habe. Wenn ich dann den „Käfer“ wieder wegschicke, was hat sich dann verändert?

GP 1:

Da bin ich noch nicht, weil die Vorstellung bei mir sehr stark ist. Eher die Frage: Wie kann es auch körperlich leichter sein. Warum muss es so schwer gehen den Ton schön zu spielen? Es geht mir mehr um mich selber, wenn ich den „Käfer“ mache. Nicht so sehr um die Musik.

C. E.:

Wenn du jetzt deine Phrase spielst und du willst leichte Bewegungen haben, und das Stück erfordert auch Leichtigkeit, weil der Charakter so ist, und deine Bewegungen sind nicht so leicht, ist dann das was rauskommt leicht?

GP 1:

Ja. Was ich immer wieder feststelle, dass die Leichtigkeit, die ich da herstelle, mit einer gewissen Festigkeit verbunden ist. Damit es an einer Stelle leicht ist, muss es woanders fest werden. Das versuche ich mit dem „Käfer“ mehr in jeder Bewegung zu spüren. Meine Hände sind total leicht, aber da oben…Wobei mir das, was herauskommt, ja gefällt. (…)

C. E.:

Aber wie ist es mit der Verbindung zur Atmung? Du hast es ja vorhin angesprochen.

GP 1:

Genau, die ist eben nicht leicht.

C. E.:

Es wäre ja total interessant, wenn die dann auch noch leicht würde.

GP 1:

Wobei mir das was herauskommt ja gefällt. Nur es könnte sein, dass ich dann leichter mal improvisieren kann. Das ich da einen leichteren Zugang hätte. Komischerweise, die Kinder machen es einfach. Obwohl ich das nicht kann. (…) Also, ich habe schon das Gefühl, dass das Spielen leichter geworden ist durch die jahrelange Feldenkrais-Arbeit. Ich glaube, das ist nicht so, dass jetzt einer zwei Jahre Feldenkrais macht. Ich glaube, das dauert länger. Ich könnte mir vorstellen, dass wenn man konkret mit dem Instrument mit dem Menschen arbeitet, dass es schneller gehen könnte.

C. E.:

Du hast gesagt, dass du so was, wie den „Käfer“ erst machst, wenn du ein Stück oder eine Stelle schon sicher kannst,

GP 1:

Ja, oder ich spiele irgendetwas. Aber ich habe bemerkt, dass es weder bei den Kindern noch bei mir funktioniert, wenn man eine stelle überhaupt nicht gescheit kann. Das funktioniert dann nicht.

C. E.:

Ja klar, das ist dann zu viel.

GP 1:

Der „Käfer“ ist keine Hilfe, um eine Stelle besser zu lernen.

C. E.:

Ne soll er auch nicht sein.

8. Spielerischer Lernprozess

C. E.:

Aber was mich interessiert ist der Prozess, wie lerne ich eine Stelle, so dass ich sie dann kann? Ob man da nicht das feldenkraisische Denken mit reinbringen kann. Nicht das man erst geübt hat und dann denkt man, dass man vielleicht noch den „Käfer“ braucht, um es wieder auf zu lösen.

GP 1:

Also, das finde ich jetzt überhaupt den springensten Punkt. Wie man sich sozusagen spielerisch etwas erarbeitet. Und da habe ich manchmal das Gefühl, ich kann das mit einigen Schülern machen, aber die überwiegende Zahl macht das mit einer negativen Vorstellung. Die gehen dann nicht mit. Das spielerische kommt denen doof vor. Ich finde es einen springenden Punkt – wie bietet man da Vorgehensweisen an, dass es professionell und doch spielerisch ist.

C. E.:

Wie machst du das?

GP 1:

Das ist schon bei jedem Kind anders. Wenn so ein sechsjähriges Kind eine Taste drückt und ist ganz erstaunt, wie das klingt, dann weiß ich, dass ich da spielerisch dran gehen kann. Wenn ein Kind starr dasitzt und wartet, das ich ihm beibringe, das er alle meine Entchen in fünf Minuten perfekt lernt, dann muss ich ganz anders mit dem Kind umgehen. Und was man da für Vorgehensweisen finden kann, das weiß ich immer noch nicht so genau. Das Kind möchte etwas genau beigebracht bekommen. Der Finger muss dahin und der da und der da, dann sind die ganz glücklich. Diese Kinder, die staunen – wie klingt das mit dem Pedal – oder wie brummt der Bass – da kommt man gleich in so eine Improvisationsleichtigkeit. Aber da gibt es diese beiden Gruppen von Menschen. Für mich ist es leicht das systematische Lernen für den Einzelnen lebendig zu gestalten. Eine Herausforderung ist jedoch, dass der Schüler allein mit seinem Instrument auch dieses Interesse entwickeln lernt. Zusammen zu musizieren ist dabei hilfreich und Vorspiele können dabei ein Anstoß sein. Jedoch wird es zu einer ganz individuellen Vorgehensweise, wenn neue Zusammenhänge beim Üben gesucht und entdeckt werden. Was passiert mit mir, wenn der Bogen auf der Saite kratzen darf, was, wenn der Ton schön klingt? Oder was passiert mit dem Ton, wenn ich den Atem anhalte?