Experiment 24 Kurzprotokoll

Datum: 22.03.2013

Dauer: 45 Min.

Zur Person:

VP 25

Alter: Vp 25 ist die älteste Teilnehmerin der Experimente. Sie ist 83 Jahre alt.

Geschlecht: weiblich

Instrument: Cello

Vorerfahrung Improvisation: Vp 25 hat langjährige Improvisationserfahrung

Sonstiges: Sie hat Schulterprobleme vom tragen des Cellos. Ihr Mann trägt ihr das Cello.

Vp 25 . nimmt wöchendlichen Unterricht. Sie sagt, dass sie das Gefühl hat, dass sie nicht viel Fortschritte im Improvisieren macht, sondern viele Stücke spielt z.B. in einem städtischen Amateurorchester.  Sie beschreibt, dass sie mit Dvorak und Beethoven („get stuck“) feststeckt und sich etwas fest fühlt.

Aus dem Vorgespräch

C. E.:

Tight in wich way?

VP 25:

Tight in the way, not feeling, that I can  let my inerself go in terms of improvising. And also the sensitivity … All the time in orchestra I am more concerned about intonation  (…)

Zusammenfassung

Sie hat sehr viel Spaß gehabt auf dem New Directions Cellofestival zu improvisieren. Außerdem erzählt sie, dass sie viel Tango getanzt hat und deshalb gewohnt ist, zu folgen.

Ich erkläre meine Forschungsfrage und mein Vorgehen. VP 25  merkt an, dass das eine sehr „deap question“ ist.

Phase 1: Freie Improvisation.

Ich fordere Vp 25 auf zu beginnen. Sie fragt, womit sie starten soll. Mit einem Teil eines Stückes, oder mit etwas, was sie noch nie gespielt hat. Ich schlage ihr vor mit etwas, was sie noch nie gespielt hat, zu beginnen.

Hörbeispiel: E24 Phase 1

Nachgespräch

VP 25:

It almost felt like I was dancing to music, I never heared before. And that meens, that what I had never heared before was coming from me. Not from someboddy. That was feeding me the music. And I could relate to. (…) And what conect me to the cello, is my other part, that I was a tango dancer. So I follow more, then I lead. I wait and then follow.

 

Phase 2: Laborraum 2

V3 (rechte Backe des Gesäßes auf dem Stuhl sitzend)

Hörbeispiel: E24 Phase 2

Kommentar zur Musik

Es beginnt sehr tänzerisch. Dann löst es sich plötzlich auf und endet in einem schnellen Tremmologlizando. Nach einer kurzen Unterbrechung beginnen wir erneut. Wieder tänzerisch und es löst sich zunächst in Glizzandi auf und endet dann wiederum wild.

Zusammenfassung des Nachgesprächs

VP 25 äußert sich begeistert.

 

Phase 3: Laborraum 2

V3 (mit der linken Backe des Gesäßes auf dem Stuhl sitzend)

Zusammenfassung des Vorgespräches

VP 25  stellt fest, dass das einfacher ist. Ihre linke Schulter schmerzt mehr, wie die Rechte. In dieser Position kann sie auf dem Körper ruhen.

Hörbeispiel: E24 Phase 3

Nachgespräch

VP 25:

That was the first time that I felt my heart beating.

C. E.:

Because the Cello is resting a little bit different?

VP 25:

No, just because it is probably trigging some places, where I love to be on my Cello. I love certain parts on the sounds. It is a special exciting kind of Thing.

C. E.:

Because it was easier to get there? I did not understand it. Please explain a lit-tle bit more.

VP 25:

Emotionaly I was closer to the parts of my Cello. The sound parts. The sound parts that I like so much.

Ich lasse VP 25 normal auf dem Stuhl sitzen. Sie merkt an, dass sie jetzt so sitzt, wie sie sitzen soll und dass sie mehr die Möglichkeit hat, sich mit dem Cello zu drehen.

Sie benennt ihr Cello mit „her“. Personalisiert und spricht davon sich zusammen mit ihr zu bewegen.

 

Phase 4: ATM: Drehen mit Händen auf den Knien.

(link zu Aufnahme zum Ausprobieren)

Anschließende kleine Einheit FI im Sitzen. Verbindung Arm Schulter, Rippen Wirbelsäule. Wenn sich den Arm verlängert kann der Rest des Körpers folgen.

Wir nehmen das Cello und patschen darauf mit der linken Hand wie ein kleines Kind und gehen damit in eine Improvisation über.

Hörbeispiel: E24 Phase 4

Aus dem Nachgespräch

VP 25 atmet hörbar entspannt.

VP 25:

That was a plesure. There were times, where I had just a relaxed mood.(…) The controle comes from the fear oft he playing.

Controlle keeps me from moving the shulder.

 

Phase 5: Freie Improvisation

Hörbeispiel: E24 Phase 5

Aus dem Nachgespräch

VP 25:

There ist the freedoom of knowing the instrument. But there is freedoom of  the body, with controlles the instrument. There ist the absence from fear or presure from the outside.

Ich frage Vp 25, ob die neu erworbene Freiheit in ihrer Schulter einen Einfluss auf die musikalischen Ideen hat. Vp 25 hatte am Anfang gesagt, dass sie der Musik, wie eine Tangotänzerin folgt.

Vp 25:

The difference is (sucht nach Worten)… I am thinking oft he dance and the music. They both have the same feelings for me. There can be a follow, but in the follow there is always a uniques. In how or what to follow. There still has to be a conection. Insted oft he dancepartner it ist the conection with myself and the instrument.

 

Anmerkung

Die Schutzhaltung, die VP 25 um ihre Schulter aufbaut, hat in dem Experiment eine Bedeutung. Wenn sie die Schulter so hält, kann sie der Musik nicht so folgen. Sie kann auch nicht ungestört mit sich selber und dem Cello als Tanzpartner tanzen. Diese Verbindungen scheinen für Vp 25 eine große Bedeutung zu haben. Die Musik, das Tun und das Körpergefühl werden vom gleichen Gefühlszustand getragen. Sehr berührend ist die Stelle, wo sie beschreibt, dass sie ihr Herz schlagen hört.

 

Tänzerische Verbindung

Ein paar lose Gedanken

Die Tangotänzerin verbindet sich mit sich selber, dem Cello und der Musik. Sie folgt und es gibt eine Einheit. Der Klang spielt dabei eine ganz wichtige Rolle. Er lässt ihr Herz spürbar schlagen. Es ist ein Klang, den sie liebt. Sie steht ihm nicht unbeteiligt gegenüber. Ihr Cello ist eine personifizierte Dame. Sie gibt sich voll hinein mit ihrer ganzen Lebenserfahrung. Es gibt eine tiefe Vision und Verbundenheit in ihrem Spiel.

Es gibt auch ein Hindernis. Ihre Schulter schmerzt. Sie schützt und kontroliert ihre Schulter, indem sie sie festhält. Das Festhalten betrifft nicht nur die Schulter, sondern den gesammten Rumpf. Rippen, Schulterblatt und Wirbelsäule scheinen sich nicht an dem Tanz beteiligen zu können. Stellen wir uns mal vor, das wir tanzen wollen und der Tanzpartner tanzt nicht, sondern bewegt sich unabhängig von der Musik, bzw. bleibt einfach stehen. Der Tanz zwischen VP 25, ihrer Cellodame und der Musik ist ein Tanz im Trio, bei dem ein Teil von VP 25 einfach stehen bleibt. Sie hält ihre Schulter nicht fest, um besser zu spielen, sondern um den Schmerz zu vermeiden. In dem Experiment mit der linken Pobacke auf dem Stuhl bieten wir der schmerzenden linken Schulter eine tragende Unterstützung. Eine Einladung sich an dem Tanz zu beteiligen. Eine kleine Aufforderung zum Tanz in einem sicheren geschützten Raum. Dies erinnert an das Beispiel, welches Feldenkrais erzählte von einem Mann, der meint, dass er nicht tanzen kann. Er wird dann freundlich zum Tanzen aufgefordert. Mit einem guten Tanzpartner wird er sich zwar unbeholfen vorkommen, aber er wird sich auch führen lassen. Das Gefühl, dass er vielleicht doch tanzen kann wird stärker und nach einigen weiteren Erlebnissen wird er freiwillig tanzen wollen. (Quelle raus suchen) Das Gleiche passiert oft in Einzelstunden. In einer kleinen Feldenkraiseinheit zunächst in ATM und dann mit FI entführe ich Vp 25s Schulter zum Tanz. Sie braucht es nicht alleine zu tun. Es sind Rippen, Wirbelsäule und der Arm dabei. Aber wir wollen ja nicht einen Schultertanz zum Selbstzweck. Wir möchten unseren Schultertanz in dem Trio zwischen VP 25, dem Cello und der Musik. Also beginnen wir, die tanzende Schulter mit dem Cello zusammen zu bringen. Folgen kann man nur, wenn man sich in alle Richtungen bewegen kann. Wenn man steif steht beim tanzen, dann kann man nicht folgen, oder nur verzögert.